Die Stadt Amsterdam will die Prostitution eindämmen. Sie kauft einem Pornokönig die Schaufenster ab.
Eine endlose Menschenmasse bewegt sich Abend für Abend durch die engen Gassen der «Wallen», des Rotlichtviertels unweit vom Amsterdamer Hauptbahnhof. Es sind in erster Linie männliche Touristen, die sich an den spärlich bekleideten Frauen in ihren grell beleuchteten Schaufenstern ergötzen. Für 50 Euro seien sie dabei, winken die Prostituierten potenziellen Freiern zu; manch einer folgt der Aufforderung.
Ein Besuch auf den «Wallen» gehört genauso zum touristischen Pflichtprogramm der niederländischen Hauptstadt wie eine Grachtenrundfahrt und das Konsumieren eines Joints im Coffeeshop. Der Sperrbezirk mit seinen schmalen mittelalterlichen Wegen, die Namen tragen wie Blutstrasse oder Kurze Sturmgasse, wird denn auch in jedem Reiseführer erwähnt. Aber niemand weiss, wie viele Schaufenster es dort gibt - die Stadt geht von 153 aus, die Branche von 380 - und wie hoch die Anzahl der Liebesdienerinnen hinter Glas ist.
Vor sieben Jahren trat in den Niederlanden ein Gesetz in Kraft, das Prostitution legalisiert. Dirnen wurden ab diesem Zeitpunkt zu Unternehmerinnen mit Rechten und Pflichten wie in anderen Branchen. Die Regierung in Den Haag wollte so erreichen, dass Frauen nicht länger sexuell ausgebeutet werden. Diese Rechnung ging nicht auf: Die illegale Prostitution hat inzwischen gar zugenommen.
Stadt zahlt 25 Millionen Euro
Das Sexgewerbe sei in den letzten Jahren knallhart geworden, immer häufiger würden ausländische Frauen das Opfer von skrupellosen Zuhältern. Gleichzeitig bestehe die Befürchtung, dass in der Branche Geld gewaschen werde, was zu einer Vermischung der Unterwelt mit der «Oberwelt» führe, teilte die Amsterdamer Regierung vor kurzem mit. Um das «Wallen»-Gebiet, das sich auf 500 mal 300 Meter erstreckt, besser beherrschen zu können, will sie die Anzahl der Fenster-Bordelle eindämmen.
Freiwillig verzichtet kein einziger Besitzer eines Sex-Etablissements auf die saftigen Verdienste. Deshalb hat die Stadt das Problem kreativ gelöst: Für 25 Mio. Euro kauft sie dem grössten Unternehmer, Charles Geerts, 18 Häuser mit insgesamt 51 Schaufenstern ab, um die Gebäude in Wohnungen umzubauen. Der «Pornokönig der Wallen» bekommt dabei die Auflage, dass er das Geld weder ins horizontale Gewerbe noch in kriminogene Branchen wie Coffeeshops oder Spielhöllen investieren darf. «Dikke Charles» zögerte keine Sekunde. Die Kaufsumme sei «ein paar Mal der Jahresgewinn», frohlockte er an einer Pressekonferenz.
Die Betroffenen haben jedoch gemischte Gefühle. «Je weniger Fenster, desto grösser die Ausbeutung», ist Metje Blaak von der Prostituiertengewerkschaft «De Rode Draad» überzeugt. Viel wichtiger sei, endlich die Zuhälter anzupacken. Die 22-jährige Suzanne, die hinter einem Fenster auf der Oudezijds Voorburgwal steht, betreibt ihr eigenes Geschäft. Mehr Arbeit könne sie zwar gebrauchen, sagt sie, aber der Deal mit Geerts könne auch «den Beginn vom Ende» bedeuten. Dann schickt sie die Journalistin weg, weil diese den Freiern die Aussicht versperrt.
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